Gewitterzellen können in vielen verschiedenen Formen auftreten und es ist wichtig, diese auf dem Wetterradar unterscheiden zu können, um zu wissen welche Wolkenstrukturen einen Sturmjäger erwarten können.
Einzelzelle
Die kleinste Einheit einer Gewitterzelle ist die Einzelzelle. Eine Einzelzelle stellt einen einzigen Zyklus eines Systems aus Aufwind, der in der Atmosphäre vom Boden aus aufsteigenden Luft und einem Abwind, der zum Ausgleich aus der Höhe hinabfallenden Luft, dar. Der Aufwind der Gewitterzelle saugt die warme Luft von einer bodennahen Luftschicht auf und bildet während dem Aufsteigen die sogenannte Cumulonimbuswolke, welche letztendlich der sichtbare Teil des Gewitters ist, denn eigentlich ist die Gewitterwolke nur das Nebenprodukt der aufsteigenden Luft. Ein solcher Austausch von Luft in der Atmosphäre, auch als „Konvektion“ bezeichnet, dauert in der Regel etwa 20min-60min. Danach löst sich die Einzelzelle auf, denn die Energie ist verbraucht. Jedoch kann es sein, dass das System aus Aufwind und Abwind erneut auflebt, dies nennt man Pulsieren.

Radarbild
Die Einzelzelle hat meist keine nennenswerte Wolkenstruktur zu bieten, bis auf eben die Gewitterwolke. Der große Vorteil ist jedoch, dass durch das Fehlen nennenswerter Wolkenstruktur die Einzelzelle sehr gut geeignet ist, um Blitze zu fotografieren. Denn von allen Seiten kann man den Abwindbereich, in welchem die Blitze und der Niederschlag hinab gehen, gut beobachten. Einzelzellen eignen sich deshalb zum Fotografieren von Blitzen.

Auf diesem Radarbild sieht man den Niederschlag mehrerer Einzelzellen in Südhessen. Gut sieht man, ein kompaktes und rundliches Radarsignal. Dies ist der Ort mit dem Abwind der Gewitterzelle, aus welchem auch die Blitze austreten werden. Einzelzellen erkennt man daran, dass diese sich langsam bewegen und meistens gar ortsfest sind. Das Radarsignal taucht schnell auf und verschwindet auch schnell wieder. Einzelzellen treten meistens in Gruppen auf, also viele Einzelzellen steigen in einem bestimmten Gebiet in den Himmel und sterben wieder ab.
Multizelle
Die Multizelle ist die erste Form der sogenannten organisierten Gewitterzellen, denn die Multizelle hat ein organisiertes System aus mehreren Aufwinden und Abwinden. In der Multizelle hängen mehrere Einzelzellen zusammen, die Einzelzellen befinden sich in verschiedenen Stadien der Entwicklung. Auf der einen Seite der Multizelle steigen neue und junge Aufwinde auf, in der Mitte der Multizelle befinden sich die reifen Einzelzellen, welche einen starken Niederschlag aufweisen. Am anderen Ende befinden sich die alten, toten Zellen, also sich langsam auflösende Gewitterwolken, aus welchen noch Niederschlag fällt.

Hier sieht man dies sehr gut, es lassen sich mehrere sogenannter „Kerne“ auf dem Niederschlagsradar erkennen, unterschiedlich groß, sowie die sogenannte „Niederschlagsfahne“, diese stellt den Bereich da, in welchem nur mäßiger Niederschlag fällt und welcher sich mit der Windrichtung von den starken Kernen weg erstreckt. Durch diese spezifische Anordnung der Aufwinde und Abwinde, welche man als „Organisation“ bezeichnet, erreicht die Multizelle lange Lebensdauern. Diese kann von etwa 1h bis hin zu mehreren Stunden gehen. Es ist also möglich, eine solche Multizelle auch über eine größere Strecke abzufangen und zu fotografieren, da man abschätzen kann, was diese tun wird. An der Multizelle bilden sich oftmals interessante Wolkenstrukturen heraus, wie die sogenannte Shelf Cloud, auch als Böenkragen bezeichnet wie nachstehend zu sehen.

Multizellen bewegen sich mehr und meist schneller als Einzelzellen durch die Landschaft. Um diese zu fotografieren müssen Sie sich in Zugrichtung vor der Gewitterzelle platzieren, genau dort, wo der starke Kern entlang ziehen wird.
Mesoscale Convective System
Als sogenanntes mesoskaliges konvektives System bezeichnet man den Zusammenschluss verschiedener Gewitterzellen zu einem großen Verbund. Die Gewitterzellen hängen alle gemeinsam in einem großen Niederschlagsgebiet auf dem Radar und verhalten sich ähnlich, zum Beispiel eine gemeinsame Zugrichtung etc.
Linear

Als linear bezeichnet man einen MCS, wenn dieser auf dem Radar eine linienartige Struktur aufweist. An der Front bilden sich häufig stark ausgeprägte Shelf Clouds heraus, die Lebensdauer solcher Systeme beträgt mehrere Stunden. Bei einem linearen MCS treten oft schwere Sturmböen über einen langen Zeitraum auf.

Ein haufenförmiger MCS beinhaltet viele Gewitterzellen, welche sich in einem gemeinsamen „Haufen“ aus Niederschlag befinden. Diese bringen meistens viel Regen, aber weniger gute Wolkenstrukturen, da es keine wirkliche gemeinsame Vorderseite gibt, an welcher sich eine Wolkenstruktur herausbilden könnte.
Superzelle
Die Superzelle ist für den Laien auf dem Wetterradar quasi unmöglich einwandfrei zu erkennen, es benötigt dazu viel Erfahrung im Lesen von Radardaten, deshalb verweise ich an dieser Stelle gleich mal wieder auf passende Literatur zu diesem Thema:
Wer nur eine kurze Erklärung sucht, der darf dies natürlich überspringen!

Eine Superzelle kann als organisierte Einzelzelle betrachtet werden, da eine Superzelle nur einen starken Kern auf dem Radar vorweist. Dieser ist jedoch viel größer als der einer gewöhnlichen Einzelzelle und auch die Lebensdauer einer Superzelle beträgt deutlich über 1h. Das besondere an der Superzelle ist der rotierende Aufwind. Durch den rotierenden Aufwind wird auch der Abwind mit dem Niederschlag etwas in Rotation versetzt. Der Abwind wickelt sich deshalb teilweise um den Aufwind, also die eigentliche Gewitterwolke, herum.
Es gibt in einer Superzelle deshalb immer zwei Abwindbereiche und einen Aufwind. Einmal gibt es den großen Abwindbereich, welcher als großer einzelner Kern auf dem Radarbild zu sehen ist, dies ist der sogenannte Forward Flank Downdraft, der Name kommt daher, da dieser Abwindbereich sich in Zugrichtung etwas vor dem Aufwind der Gewitterzelle befindet.
Abwindbereich einer Superzelle
Von diesem Abwindbereich wickelt sich jetzt etwas kalte, absinkende Luft um den Aufwind und kommt auf der gegenüberliegenden Seite der Gewitterzelle wieder heraus. Da sich dieser Teil des Abwindes also auf der Rückseite der Gewitterzelle befindet, bezeichnet man diesen als „Rear Flank Downdraft“. Zwischen den beiden Abwinden befindet sich der Aufwind der Superzelle. Um Einwandfrei von einer Superzelle sprechen zu können, müssen Sie diese Struktur zweifelsfrei identifizieren, was sich für einen Laien jedoch entsprechend schwer ist. Das Bild des Wetterradar unterstützt Sie dabei.
Gemeinhin wird dieses Radarsignal als sogenanntes „Hook-Echo“ bezeichnet durch sein hakenförmiges Aussehen. Diese Struktur findet man immer bei einer „Classic Supercell“ vor, also einer klassischen Superzelle.

LP Superzelle

Die Low Precipitation Supercell erhält Ihren Namen von der Tatsache, dass mit Ihr nur wenig Niederschlag einhergeht. Aus diesem Grund hat diese Gewitterzelle auf dem Radarbild kein Hook-Echo, denn der Rear Flank Downdraft ist frei von Niederschlag, im RFD fällt also nur Wind zum Boden. Man kann diesen deshalb nicht auf dem Radar sehen. Die LP Superzelle hat einen rundlichen oder dreieckigen Kern auf dem Radar, welcher sich V-Förmig in Richtung der Niederschlagsfahne erstrecken kann. Dieser Typ der Superzelle behält über einen langen Zeitraum ein starkes Radarecho bei und ist zweifelsfrei oftmals nur visuell, also wenn man den typischen rotierenden Aufwind des Gewitters sieht, zu identifizieren.

HP Superzelle auf dem Wetterradar
Der größte Typ der Superzelle ist die High Precipitation Supercell. Hier befindet sich besonders viel Niederschlag im RFD, so dass die Superzelle ein Nierenförmiges bis hin zu einem komplett runden Radarecho erhalten kann, welches oft die Form wechselt aber über einen langen Zeitraum ein starkes Echo aufweist.
